Ergonomie am Fahrrad

Ergonomie am Fahrrad ist also bei Weitem mehr, als nur ergonomische Handgriffe und einen entsprechenden Sattel zu montieren!

 

Das richtige Sitzen auf dem Fahrrad ist wichtiger als irgendwelche technische Details!

 

Das Thema ist in sich viel zu vielfältig, um es mal eben auf einer internetseite abzuhandeln. Einerseits ist kein Mensch gleich wie der andere, was seine körperlichen Gegebenheiten anbetrifft, andererseits unterscheiden sich auch die Gewohnheiten und Vorstellungen.

Gerade wegen der Vielzahl von Punkten, die beachtet werden müssen, kann und will ich hier nur einige Anregungen geben.

  • Die drei Kontaktpunkte zwischen Mensch und Fahrrad sind Lenker, Sattel und Pedale. Alle drei Punkte werden mit einem Teil des Körpergewichts belastet!
  • Aber: Von Natur aus sind allein die Beine dazu gemacht, das Körpergewicht dauerhaft zu tragen!
  • Daher treten die meisten Probleme an den Händen und an der Sitzfläche auf!
  • Je nach Sitzposition sind die Körperteile an den Kontaktstellen unterschiedlich stark belastet.
  • Nicht zu unterschätzen sind auch die Rahmengeometrie und die Sattelhöhe auf die Belastung auf die Körperpartien, die den Kontakt zum Fahrrad herstellen.
  • So kann die Belastung am Lenker zwischen 5% bis 20% des Körpergewichts schwanken, die Belastung auf dem Sattel zwischen 10% bis 70% des Körpergewichts und entsprechend die Belastung auf den Pedalen zwischen 25% und 70% des Körpergewichts.
  • Ein falsches Sitzen und die damit möglicherweise auftretenden Beschwerden kann auch die moderne Federungstechnik an den Fahrrädern nicht verhindern, demzufolge ist das "richtige Sitzen" eine Grundvoraussetzung um sich auf seinem Fahrrad wohlzufühlen und auch größere Strecken bewältigen zu können.

 

Einige Tips zur Grundeinstellung:

  • Sattel so hoch einstellen, daß man mit der Ferse bei durchgestrecktem Bein auf dem Pedal steht. Anschließend die Sattelhöhe so überprüfen: Kurbel in Verlängerung
    des Sitzrohrs ausrichten, bei waagrechter Fußsohle und Fußballenstellung direkt über der Pedalachse sollte das Knie noch leicht angewinkelt sein!
  • Fußstellung auf dem Pedal sollte beachtet werden, Fußballen sollte über der Pedalachse stehen. Wird mit dem Vorderfuß auf dem Pedal getreten, wird das Knie nicht überlastet.
  • Sattelposition so einstellen, daß bei waagrechter Kurbel das Knie-Lot genau durch die Pedalachse verläuft.
  • Sitzposition sollte so gewählt werden, das die Rückenmuskulatur tragen kann. Eine zu aufrechte Sitzposition mit zu hohem Lenker führt zur Erschlaffung der Rückenmuskulatur und zur Überlastung der Bandscheiben.
  • Handgriffe und Lenker sollten so gewählt werden, daß die Arme leicht angewinkelt sind, um Stöße leicht abfedern zu können.

Diese Tips beziehen sich natürlich nur auf Menschen ohne Rückenprobleme!

 


Meine eigenen Erfahrungen zeigen mir, daß eingeschlafenen Finger nicht unbedingt mit der Höhe des Lenkers zu tun haben, viel mehr spielen da unter anderem die Position und
Ausrichtung des Sattels eine Rolle, die richtige Breite des Sattels ist ebenso wichtig, wie die Rahmengeometrie und zuletzt sollte man nicht die elastischen und somit
komfortablen Eigenschaften eines Rahmens vergessen!

Einerseits habe ich meine Sitzprobleme mit dem Tausch meines Sattels (Brooks B17) und einer veränderten Ausrichtung des Sattels behoben.
Andererseits waren und sind meine Probleme mit den tauben/eingeschlafenen Fingern bei mir vom verwendeten Fahrrad abhängig.
Bei meinen Fahrrädern mit Alu-Rahmen war dieses Problem immer vorhanden, bei meinem Fahrrad mit Stahlrahmen trat und tritt diese Problem so gut wie nicht mehr auf!
Meine Konsequenz war die Ausmusterung meiner Alu-Rahmen.
Ich verwende bei MTB-Lenkern einerseits Biogrip Race-Handgriffe oder andere ergonomische Lenkergriffe in Verbindung mit gepolsterten Radhandschuhen, die Veränderung der
Sattelposition und die Verwendung eines Sattels in der richtigen Breite wirkte sich da positiv aus.
Weiterhin hat mir selbst an einigen Rädern die Rückkehr zum Rennlenker sehr geholfen.

Meine eigene berufliche Erfahrung im Bereich Fahrradergonomie aus dem Alltag zeigt mir immer mehr, wie schwierig es ist, so
verallgemeinerte Regeln anzuwenden, da kein Mensch gleich ist wie der andere und auch jeder Mensch andere Bedürfnisse oder
Probleme hat. Daher sind bei der Mehrheit meiner Kunden weitere Veränderungen/Anpassungen an Rahmengeometrie und auch
bei den Komponenten nötig. Das Ziel ist die Freude am Radfahren und das möglichst körper- und gelenkschonend.